Institut für Germanistik

Katz, Leo: Die Grenzbuben (1951)

Berlin: Kinderbuchverlag 1951. (im Text als GB mit fortlaufender Seitenzahl zitiert)

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Die Grenzbuben ist ein Jugendroman, der für LeserInnen ab dem 12. Lebensjahr vorgesehen war und vom Ostberliner Kinderbuchverlag für eine DDR-Leserschaft produziert wurde. Darauf weist auch das Vorwort hin, wenn etwa im Text dargestellte Probleme wie prügelnde Lehrer damit erklärt werden, dass Österreich ein kapitalistischer Staat sei. Die Linientreue des Textes wurde wesentlich durch den DDR-Verlag bedingt, wie aus der Korrespondenz des Verlages mit dem Autor hervorgeht.

Die Handlung berichtet von vier Freunden aus dem österreichischen Ort Baumersdorf nahe der ungarischen Grenze, Stephan, Kurt, Ralph und Ernstl. Ernstl lebt im Waisenhaus, das von einem strengen und gewalttätige Erziehungsmethoden anwendenden Direktor geführt wird. Auch die Verantwortlichen im Schulwesen, der Direktor und der Inspektor sind humorlos, autoritär und strafen häufig. Ernstl, dessen Eltern im antifaschistischen Widerstand in Ungarn tätig waren und Ralph, dessen Vater als Arbeiterstreikanführer in Pittsburgh von „Detektiven“ (GB 31) getötet wurde, werden als Zielscheiben der strafenden Lehrer bevorzugt. Als Ernstl wieder einmal ungerechterweise für einen Streich der ganzen Klasse zum Sündenbock erkoren wird, verschwindet er spurlos. Die Direktoren von Schule und Waisenhaus verbreiten rasch den Verdacht, es hätte eine Verschleppung des Kindes durch „die Ungarn“ (GB 51) stattgefunden und rufen die Presse zur Unterstützung. Ernstls Freunde glauben diese Behauptung nicht und sprechen mit dem politisch links stehenden Lehrer Albert, der über Ernstls Herkunft erzählt und die Volksrepublik Ungarn positiv darstellt. Um sich Klarheit zu verschaffen, schicken die Buben den Hund Foxi aus, um Ernstl zu suchen. Foxi läuft in Richtung der ungarischen Grenze und bringt nach Tagen eine nicht mehr leserliche Botschaft zurück. Die Freunde sehen keine andere Möglichkeit, als auf eigene Faust über die Grenze zu gehen und Ernstls Verbleib nachzugehen.

Das Verschwinden der Buben nehmen die Direktoren aus Baumersdorf zum Anlass um eine Intervention der Regierung anzuregen und die öffentliche Meinung gegen die Volksrepublik Ungarn aufzubringen. Die Eltern von Kurt und Ralph unterstützen diese Kampagne, die Mutter Ralphs, eine Kommunistin, widersetzt sich und will Nachricht aus Ungarn abwarten.

Die Buben erfahren in Ungarn freundliche Aufnahme, werden aber den Behörden übergeben, die den Fall in die Hand nehmen. Stephan, Kurt und Ralph erhalten Einblicke in den hohen Lebensstandard der ungarischen Bevölkerung. Schließlich wird auch der Besuch des Pionierlagers gestattet, in dem sie Ernstl in einer geradezu idealen Umgebung äußerst glücklich antreffen. Um die Eltern zu beruhigen, schreiben die Buben Briefe an diese. Als auch Ralphs Mutter ein Einreisevisum erhält, um ihren Sohn zu besuchen und nach ihrer Rückkehr von der Wohlbehaltenheit der Kinder erzählt, lassen sich die Eltern von Stephan und Kurt beruhigen. Als das Ende der Sommerferien naht, müssen die österreichischen Kinder zurück nach Baumersdorf. Ernstl begleitet seine Freunde jedoch nicht, da die Bedingungen für ihn in Ungarn weitaus besser sind. Die Organisation der Pioniere begeistert die drei allerdings so sehr, dass sie einen Ableger in Österreich gründen und zudem durch selbstgeschriebene Zeitungen Informationen über dieses Land, wie sie es erlebt haben, in Österreich verbreiten.

Der Text vertritt prototypische Ideologeme der kommunistischen Propaganda. Er stellt beispielsweise die Grenze zwischen Österreich und Ungarn als Schutzwall gegen antikommunistische ‚Feinde’ aus dem Westen dar. Lüge, Faschismus und Gewalttätigkeit werden mit dem kapitalistischen System, soziale Ethik und Antifaschismus, sowie hoher Lebensstandard, mit dem kommunistischen System verbunden.

Zitierbar als: Doris Neumann-Rieser: Leo Katz, Die Grenzbuben (1951). kk-diskurse.univie.ac.at

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