Das Drama agiert auf der Basis einer konsequent bipolaren Logik, die entweder das Bekenntnis zur Sowjetunion als zentrale Ordnungsinstanz der globalen kommunistischen Bewegung, oder die Entscheidung für eine todgeweihte kapitalistische Lebensweise als mögliche Verhaltensformen konzipiert. Eine Position außerhalb dieser Logik wird explizit verneint: „Es gibt nur e i n e Welt des Sozialismus, so wie es nur e i n e Welt des Kapitalismus gibt. [...] Heute gibt es nichts als zwei Fronten. Und zwischen den Fronten wächst kein Gras, blüht kein Baum.“ (GV 32) Ernst Fischer liefert damit eine eindeutige politische Stellungnahme zur Abspaltung Jugoslawiens und der Weigerung Josip Broz Titos, Stalins Führungsrolle zu akzeptieren. Die schematische Zeichnung der politischen Stereotype in diesem Drama entspricht der kommunistischen Propagandarhetorik. Fischer distanzierte sich später von diesem Text.
Im ersten Akt wird die Situation in Jugoslawien geschildert: das Staatsoberhaupt Pablo Malabranca ist unterwegs, um eine Föderation zu gründen und sich von der Vormundschaft Moskaus zu befreien. Die unsichere politische Lage zieht Reporter, Diplomaten und Militärvertreter aus dem Westen an. Als klar wird, dass sich die Sowjetunion gegen Malabrancas Bestrebungen wendet, beginnt der Westen sich einzumischen. Der Major Robin Leslie erpresst einen jugoslawischen Agenten, einen russischen Staatsbürger zu töten und so den Bruch zwischen Jugoslawien und der UdSSR zu befördern.
In Malabrancas Familie findet eine Spaltung statt: Während Malabrancas Tochter Marina sich ganz für die Interessen der Sowjetunion ausspricht, lässt sich ihr neugieriger und konventionskritischer Bruder Diego auf den Umgang mit den Gästen aus den westlichen Staaten ein. Auch unter den Ministern findet eine Spaltung statt – während der Minister Maduros zu seinen Bedenken über einen Bruch mit der Sowjetunion steht, verhalten sich die anderen – jeweils mehr oder weniger überzeugt – opportunistisch. Malabranca selbst strebt nach persönlicher Macht und Autonomie. Leslie erkennt darin eine Chance, Malabranca als Verbündeten des Westens zu gewinnen und bietet ihm finanzielle Unterstützung an, wenn er mit der Sowjetunion bricht.
Im dritten Akt wird sowohl Malabrancas Interesse an finanzieller Unterstützung aus dem Westen, als auch Diegos Verrat an seiner Geliebten Anita offenbar. Diego hat Leslie seine Geliebte als Bettgeschichte zugespielt, um seine liberale Haltung zu beweisen. Malabrancas Tochter Marina bittet bei den sowjetischen Genossen um Hilfe für ihren Vater. Von Seiten der Sowjetunion wird eine endgültige klare Entscheidung erwartet, wobei noch einmal verdeutlicht wird, dass ein dritter Weg nicht akzeptiert wird. Bei einer Bärenjagd kommt es schließlich zum symbolisch hoch aufgeladenen Mord am Minister Maduros, der den Sonderweg Jugoslawiens verurteilte.
Die Entscheidung Malabrancas ist damit gefallen. Im vierten Akt erkennt Diego durch ein antikolonialistisches Volkslied gesungen von seiner Freundin, sowie durch Maduros Ermordung, dass die westliche Praxis Unordnung bringt und nicht im Interesse Jugoslawiens ist. Als die Besucher aus dem Westen sich in imperialistischer Manier über die rückständige Kultur Jugoslawiens lustig machen, tötet Diego Robin, den er nun als „Herrenmensch“ (GV 44) zu erkennen glaubt. Dieser Affront gegen den Westen liefert Malabranca der Gegnerschaft beider Großmächte aus; um sich zu rehabilitieren, ordnet er an, man möge den Mörder Leslies öffentlichkeitswirksam hinrichten, obwohl es sich um seinen Sohn handelt.
Marina sieht keine andere Möglichkeit mehr, als sich in der Untergrundbewegung gegen ihren Vater zu engagieren.
Im fünften Akt wird die Instrumentalisierung Malabrancas durch den Westen auf die Spitze getrieben. Nach der Opferung des Sohnes folgt die Forderung nach weiteren Opfern: Jugoslawien soll auf Befehl eines gebrechlichen amerikanischen Finanziers für den Westen in den Krieg mit der Sowjetunion ziehen. An dieser Stelle wird Protest von Seiten der rebellierenden Arbeiterbewegung laut, der sich Marina angeschlossen hat: „Politiker kann man kaufen, Völker nicht.“ (GV 56)
Zitierbar als: Doris Neumann-Rieser: Ernst Fischer, Der große Verrat. Ein politisches Drama in fünf Akten (1950). kk-diskurse.univie.ac.at