Institut für Germanistik

Susanne Wantoch

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Susanne Wantoch, geboren am 28.7.1912 in Trenčin (ehemals Österreich-Ungarn, heutige Slowakei), gestorben unter ungeklärten Umständen im Juli 1959 (Raxalpe, Niederösterreich).

Susanne Wantoch wuchs ab 1921 in Linz auf, wo der Vater Siegfried Salo Eisenberger bis zur Arisierung des von ihm geleiteten Betriebes 1938 als Chemiker tätig war. Die Mutter arbeitete bei der sozialdemokratischen Zeitschrift Tagblatt. 1927 wurde Susanne Eisenberger, spätere Wantoch, in eine Bundeserziehungsanstalt nach Wien geschickt, wo sie 1930 maturierte und die Lehrbefähigungsprüfung für Englisch und Französisch absolvierte.

In der Jugend politische Betätigung, 1931 Beitritt zum ›Kommunistischen Jugendverband‹ (KJV) und spätestens 1935 zur KPÖ. Erste literarische Arbeiten, die großteils unveröffentlicht geblieben sind. Im November 1938 emigrierte sie gemeinsam mit ihrem Mann, dem jüdischen Arzt Arno Theodor Wantoch, zuerst nach London und dann nach China, wo sie als Krankenschwester und Lehrerin arbeitet.

Nach dem Tod des Mannes kehrt sie im Frühjahr 1947 nach Wien zurück, wo sie als freie Journalistin hunderte von Beiträgen – u. a. Reportagen, Übersetzungen, Nachdichtungen aus dem Chinesischen – für die kommunistische Presse in Österreich (u. a. Der Abend, Die Woche, Österreichisches Tagebuch) verfasst.

Im März 1948 tritt sie dem ›Verband demokratischer Schriftsteller und Journalisten Österreichs‹ bei und veröffentlicht ihren ersten Roman Nan Lu. Die Stadt der verschlungenen Wege. Eine Erzählung aus dem China von heute bei Globus. 1949 erscheint Nan Lu in Lizenzausgabe in der DDR sowie in tschechischer und polnischer Übersetzung und 1950 als Fortsetzungsroman in der kommunistischen Zeitschrift Stimme der Frau. 1952 erhält Wantoch eine Halbtagsanstellung als Filmkritikerin in der Parteizeitung Volksstimme, was ihr ermöglicht, Brotberufe wie Lehrerin oder Sekretärin aufzugeben. Auch im Tagebuch finden sich ab dem zweiten Halbjahr 1952 regelmäßig ihre Filmkritiken.

Ihr Roman Das Haus in der Brigittastraße erscheint in Fortsetzungen in der Volksstimme und 1955 in einer überarbeiteten Fassung als Buch bei Globus (Mugrauer, 26). Der Roman erzählt die Geschichte einer Wiener Arbeiterin, die sich in der Nachkriegszeit als Betriebsrätin engagiert. Wegen schlechter Verkaufszahlen und der Aufhebung des Ladenpreises kam es bei beiden Romanen zu Meinungsverschiedenheiten mit dem Globus-Verlag. Auch die Kritik reagierte gespalten: Während Josef Strelka den Roman als kommunistische Propaganda ansah, betonte Wilhelm Tepser im Tagebuch, dass das Buch Mut mache, die Probleme und Aufgaben der Zeit zu lösen.

Wantoch übersetzt 1954 ein theoretisches Werk über China des anglikanischen Geistlichen Hewlett Johnson aus dem Englischen, trug zur Anthologie Der Kreis hat einen Anfang (1954) bei, arbeitet an einer immer wieder verhinderten Geschichte des österreichischen Widerstandes und verfasst Berichte über Reisen nach Rumänien (1955) und Polen (1957). 1956 erscheint ihr Gedicht Die Last der Mitschuld im Tagebuch, in dem sie „Stalinismus und persönliche Rechenschaft“ behandelt. 1957 kritisiert sie Eva Priesters radikal linke Äußerungen zum Ungarnaufstand (Wantoch: Wer führt den Klassenkampf?). Als Wantoch zudem 1959 in einem Schreiben an die KPÖ-Zeitschrift Weg und Ziel Kritik an der zeitgenössischen kommunistischen Theorie und Praxis übt, wird sie als redaktionelle Mitarbeiterin der Volksstimme gekündigt.

Bei einer Wanderung auf der Raxalpe starb sie im selben Jahr unter unklaren Umständen; möglicherweise handelte es sich um einen Unfall oder Selbstmord. Die Gebeine wurden am 11.5.1964 aufgefunden.

Verwendete Quellen:

Otto Horn: Susanne Wantoch. In: Die Buchgemeinde 7 (1955) H. 5, Mai, S. 67f.

Erich Hackl: Abgängig seit 1959. Erster Bericht über die Schriftstellerin Susanne Wantoch. In: Ders.: Postscriptum. Linz: Trauner 1996, S. 11-26.

Manfred Mugrauer: ‚Die heilige Flamme’. Über die kommunistische Schriftstellerin Susanne Wantoch und eine unveröffentlichte Sammlung von Erzählungen über den österreichischen Widerstandskampf. In: Zwischenwelt. Zeitschrift für Kultur des Exils und des Widerstands 24 (2007) H. 3, S. 24-34.

Josef Strelka: Das Haus in der Brigittastraße. In: Neue Volksbildung 2 (1955) H. 11.

Wilhelm Tepser: Nachkriegszeit im Spiegel des Romans. Schuld und Sühne von heute. In: Tagebuch  10 (1955) H. 21, 22.10.1955, S. 8.

Susanne Wantoch: Indienbilder. In: Österreichisches Tagebuch 2 (1947) H. 5, 15.2.1947, S. 7.

Dies.: China, von innen gesehen. In: Österreichisches Tagebuch 2 (1947) H. 14, 19.4.1947, S. 9f.

Dies.: Es nimmt Stellung... Zur Diskussion über den Surrealismus. In: Österreichisches Tagebuch 2 (1947) H. 18, 17.5.1947, S. 10.

Dies.: Der chinesische Bürgerkrieg. In: Österreichisches Tagebuch 2 (1947) H. 28, 26.7.1947, S. 11f.

Dies.: Das andere China. In: Österreichisches Tagebuch 2 (1947) H. 41, 14.11.1947, S. 6f.

Susanne Wantoch (Red.): 16 Tage im neuen Rumänien. Bericht über die Studienreise einer Gruppe österreichischer Intellektueller durch die Rumänische Volksrepublik. Wien: Österreichischen Intellektuellendelegation in die RVR (1954) 1955.

Susanne Wantoch: Die österreichische Intellektuellendelegation berichtet aus Rumänien. In: Österreichische Volksstimme, 8.4.1955, S. 8.

Dies.: Die Last der Mitschuld. In: Tagebuch 11 (1956) H. 23, 1.12.1956, S. 2.

Dies.: Wer führt den Klassenkampf? In: Tagebuch 12 (1957) H. 3, März, S. 11.

Dies.: Polnische Reisebilder. In: Volksstimme, 1.9.1957, S. 13.

Wienbibliothek im Rathaus, Teilarchiv Verband demokratischer Schriftsteller und Journalisten Österreichs, ZPH 1449.

Zitierbar als: Desiree Hebenstreit, Stefan Maurer und Doris Neumann-Rieser: Susanne Wantoch, kk-diskurse.univie.ac.at

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