Institut für Germanistik

Leo Katz

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Leo Katz, geboren am 22.1.1892 (Sereth), gestorben am 9.8.1954 (Wien), wuchs in einer orthodoxen jüdischen Familie in Rumänien auf. Nach dem Besuch einer religiösen Cheder-Schule absolvierte er die Externistenmatura in Wien.

Nach dem Ersten Weltkrieg optierte er für die österreichische Staatsbürgerschaft und studierte Geschichte und Orientalistik an der Universität Wien, wo er 1920 promovierte. Enttäuscht über die Haltung der Sozialdemokratie zum Ersten Weltkrieg schloss er sich während des Studiums der ›Freien Vereinigung Sozialistischer Studenten‹ an und wurde Mitglied der KPÖ. Von 1920-1922 lebte er in New York. Darauf folgten wechselnde Aufenthalte in Wien und Paris. Katz publizierte in verschiedenen österreichischen, amerikanischen und kommunistisch orientierten Zeitungen. 1930 zog er nach Berlin, wo er der KPD beitrat und am Parteiorgan Die Rote Fahne mitarbeitete. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialsozialisten in Deutschland emigrierte Katz nach Paris und arbeitete an deutschsprachigen Exilzeitschriften und Publikationen jüdischer Emigranten mit. Zwischen 1936 und 1938 beteiligte er sich am Spanischen Bürgerkrieg, u. a. indem er Waffenkäufe für die republikanische Regierung tätigte.

Von 1938-1940 lebte er wieder in New York, ab 1940 in Ciudad de México (Mexico City), wo er ab 1942 in der ›Acción Republicana. Austríaca de Mexico‹ (›Österreichische republikanische Aktion in Mexiko‹; gegründet im Dezember 1941) als Vorstandsmitglied fungierte und in der von Bruno Frei zwischen 1941 und 1946 herausgegebenen Exilzeitschrift Austria libre und ab 1942 als Redakteur der Zeitschrift Freies Deutschland mitarbeitete.

Zusammen mit der am 29.1.1942 von ihm mitbegründeten Bewegung ›Freies Deutschland‹ (›Alemania libre‹) und anderen österreichischen Schriftstellerinnen und Schriftstellern initiiert er den Exilverlag ›El Libro Libre‹, wo 1944 sein erster Roman Totenjäger erscheint, der die Geschichte seines Geburtsortes Sereth unter deutscher Besatzung thematisiert. Ab diesem Zeitpunkt schreibt Katz neben journalistischen Beiträgen auch literarische Prosa, darunter vor allem historische Romane, die jedoch einen starken Gegenwartsbezug aufweisen. Vor allem die Hoffnung auf jüdische Selbstbestimmung und eine deutlich antifaschistische Haltung unter den Vorzeichen der kommunistischen Volksfrontstrategie werden in diesen Romanen merkbar.

Katz kehrte 1949 nach Wien zurück. Er veröffentlichte politische und kulturgeschichtliche Aufsätze in kommunistischen Medien (u.a. Österreichische Volksstimme und Tagebuch), konzentrierte sich aber auch auf seine literarische Tätigkeit. Eine in der Nachkriegszeit zunehmend kritische Sicht von Katz auf den Stalinismus und die Enttäuschung durch den Kommunismus werden in der Forschung anhand von Gesprächen mit seiner Familie belegt (vgl. Mörl, S. 50). Einen Ruf an die Ostberliner Humboldt-Universität lehnte er ab (vgl. Mayer, S. 249).

Nachdem er in Österreich keinen Verlag für seine Werke fand, erschien 1951 sein Jugendbuch Grenzbuben im Ostberliner und Dresdner ›Kinderbuchverlag‹. Das ursprünglich eingesandte Typoskript wurde entsprechend den ideologischen Vorgaben, die dem Verlag von einer „Lektorin“ nahegelegt wurden, umgearbeitet. Auszüge des Buches erschienen in Österreich in den kommunistischen Zeitschriften Stimme der Frau und Österreichische Volksstimme. Der Roman erzählt die Geschichte von vier Schülern, die auf der Suche nach einem Freund, der vor den Direktoren von Schule und Weisenhaus nach Ungarn flüchtete, die kommunistische Volksrepublik Ungarn kennenlernen und für die österreichischen Mitschüler aus ihrer Sicht beschreiben.

Verwendete Quellen:

Horst Fassel: Die Einsamkeit des Leo Katz oder die Standhaftigkeit eines Wunschdenkens. In: IWK. Mitteilungen des Instituts für Wissenschaft und Kunst 42 (1987) H. 2, S. 34-39.

Lieselotte Fleck an den Kinderbuchverlag, Betrifft: Leo Katz – „DIE GRENZBUBEN“. Brief vom 10.12.1950, Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, Nachlass Leo Katz, Sign.: 169/01.

Leo Katz: Drei Buben und ein Hund im Hotel. In: Die Volksstimme, 24.1.1952, S. 4.

Ders.: Die Grenzbuben [Auszug anlässlich eines Nachrufs]. In: Stimme der Frau 10 (1954) H. 36, 4.9.1954, S. 15.

Christian Kloyber: Einige Anmerkungen zum Exil österreichischer Intellektueller in Mexiko 1938-1945. In: Friedrich Stadler (Hg.): Vertriebene Vernunft. Emigration und Exil österreichischer Wissenschaft. Bd. 2. Wien [u.a.]: Jugend u. Volk 1988, S. 1004-1011.

David Mayer: Leo Katz (1892-1954). Viele Welten in einer Welt. In: Bernd Hausberger (Hg.): Globale Lebensläufe. Menschen als Akteure des weltgeschichtlichen Geschehens. Wien: Mandelbaum 2006, S. 233-256.

Benedikt Mörl: Leo Katz – sein Leben und seine Sicht des Judentums. Wien: Dipl.-Arb. 1996.

Marcus G. Patka: Leo Katz – Synthese von Judentum und Kommunismus. In: Marcus G. Patka (Hg.): Zu nahe der Sonne. Deutsche Schriftsteller im Exil in Mexiko. Berlin: Aufbau 1999, S. 189-198.

Zitierbar als: Desiree Hebenstreit, Stefan Maurer und Doris Neumann-Rieser: Leo Katz, kk-diskurse.univie.ac.at

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