Institut für Germanistik

Österreichische Gesellschaft für Literatur (1961–)

Dem österreichischen Journalisten Wolfgang Kraus gelang es 1961 mit der Gründung der Österreichischen Gesellschaft für Literatur (ÖGL), die sich u.a. der Mitwirkung des damaligen ÖVP-Unterrichtsministers Heinrich Drimmel (1912-1991) verdankte, eine fixe literarische Adresse in Wien zu schaffen, die Lesungen, Autorengespräche, Buch- und Verlagspräsentationen, Podiumsdiskussionen sowie Symposien veranstaltete. Die weiteren Programm-Schwerpunkte der ÖGL lagen einerseits auf Exilautoren, so wurden z. B. Jakov Lind (1927-2007), Manès Sperber, Erich Fried und Elias Canetti (1905-1994) eingeladen, andererseits wurden Kontakte zu regimekritischen Intellektuellen in den kommunistischen Ostblockländer, wie Tibor Déry (1894-1977), Václav Havel (geb. 1936) und Julius Hay (1900-1975) geknüpft, denen es unter Ausnützung der Neutralität Österreichs ermöglicht wurde in den Westen zu reisen. Zu den wichtigsten Veranstaltungen der ÖGL in den 1960er Jahren zählen die großen internationalen Kongresse „Theater der Gegenwart – Gegenwart des Theaters“ (22. – 24. März 1965), „Unser Jahrhundert und sein Roman“ (25. – 27. Oktober 1965) sowie „Literatur als Tradition und Revolution“ (24. - 26. April 1967), deren Organisation und Gelingen sich der Unterstützung des „Kongresses für kulturelle Freiheit“ verdankte, mit dessen Exekutivkomitee-Mitglied Manès Sperber Kraus seit 1961 befreundet war.

Die ÖGL partizipierte auch an einem CIA-Programm, das über ein weitverzweigtes europäisches Netzwerk von Buch- und Zeitschriftenverlagen sowie unverdächtigen kulturellen Organisationen westliche Bücher und Druckschriften in die kommunistischen Staaten versandte, um den Intellektuellen in Osteuropa den „geistigen Anschluss“ (Hansel/Maurer) an den Westen zu ermöglichen.

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