Institut für Germanistik

Karl Wiesinger

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Karl Wiesinger, geboren am 13.3.1923 (Linz), gestorben am 10.2.1991 (Linz), stammte aus einem kleinbürgerlichen Elternhaus und arbeitete nach der Schule als Hilfsarbeiter und Zahntechniker.

Die Erlebnisse der Februarkämpfe 1934, sowie des „Anschluss“ 1938 verarbeitete er in seinen späteren Romanen. 1941 wurde Wiesinger in die Wehrmacht eingezogen, wo er wegen „Wehrkraftzersetzung“ und „Sabotage“ (Böttcher) mehrmals inhaftiert und einmal auch in erster Instanz zum Tod verurteilt wurde. Im Gefängnis in Wels zog er sich eine Tuberkulose zu.

1945 trat er der KPÖ bei, 1946 begann er über Vermittlung Arnolt Bronnens mit journalistischen Arbeiten für die kommunistische Linzer Zeitung Neue Zeit. Anfang der 1950er Jahre veröffentlichte er erste literarische Arbeiten, u.a. in der Anthologie Stimmen der Gegenwart, die von Hans Weigel herausgegeben wurde. Mit Weigel korrespondierte er in den 1950er Jahren über einige Romanentwürfe.

Wiesinger schrieb Theaterstücke, Hörspiele und Romane, die sich zum Teil mit zeitgenössischen sozialen und politischen Problemen beschäftigen. Unter dem Pseudonym Frank I. Noel publiziert er 1951 mehrere Spionageromane im unbekannten österreichischen Bergheimatverlag, darunter Achtung Atomspione. Särge für Ohio und Grasill der Spürhund. Zudem war er in der Linzer Kulturszene aktiv, die in der amerikanischen Besatzungszone angesiedelt war. So gründete er 1950 den ›Klub der Todnahen‹ und engagierte sich 1953 in der Organisation des Linzer Kellertheaters. Er pflegte aber auch engen Kontakt mit dem kommunistischen Autor Franz Kain, der ihn wegen seiner inkonsequenten politischen Haltung kritisierte. Obwohl zahlreiche Theaterstücke von Wiesinger in Linz und Wien zur Aufführung kamen, sah er sich selbst als Autor, der wegen seiner kommunistischen Orientierung vom österreichischen Kulturbetrieb ausgeschlossen wurde.

Er unternahm 1961–1975 Reisen nach Moskau, Prag und in die DDR (Schnalzer-Beiglböck, S. 259f). 1958 schloss er seine Ausbildung zum Dentisten ab. Anfang der 1970er Jahre veröffentlichte er unter dem Pseudonym Max Maetz literarische Texte. Der Erfolg des erfundenen Autors in Österreich bestätigte seine Einschätzung, dass er hier nur wegen seiner politischen Haltung keine Anerkennung finde. Wiesingers Romane erschienen in westdeutschen und ostdeutschen Verlagen.

Auch für seinen Roman Der rosarote Straßenterror fand er in Österreich keinen Verlag, Teilabdrucke erschienen in der Zeitschrift wespennest und dem KPÖ-Organ Weg und Ziel. 1974 wurde der Roman im Berliner Oberbaumverlag publiziert. Er beschäftigt sich mit dem Oktoberstreik 1950 in Österreich, der als kommunistischer Putschversuch dargestellt wurde. Wegen der im Buch formulierten Kritik am Verhalten der österreichischen Sozialdemokratie hat der ehemalige sozialdemokratische Innenminister Franz Olah, der 1950 als Vorsitzender der Gewerkschaft der Bau- und Holzarbeiter an der Niederschlagung des Streiks prominent beteiligt war, gerichtlich ein Auslieferungsverbot für das Buch erwirkt, das nach dem Ende des von ihm angestrengten Prozesses wieder aufgehoben wurde.

Wiesinger bekam 1964 und 1968 den Theodor-Körner-Preis, 1981 wurde ihm der Berufstitel Professor verliehen. Er erhielt das Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Befreiung Österreichs.

Verwendete Quellen:

Kurt Böttcher (Hg.): Lexikon deutschsprachiger Schriftsteller. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. [Begr. von Günter Albrecht.] Bd. 2, 20. Jahrhundert. Hildesheim [u.a.]: Olms 1993, S. 817.

Helmut Neundlinger: Karl Wiesinger (13.3.1923-10.2.1991). In: Karl Wiesinger: Achtunddreissig. Wien: Promedia 2011, S. 363f.

F[ranz] K[ain]: Die Wurzellosigkeit auf der Bühne. In: Neue Zeit und Salzburger Tagblatt [Linz], 22.11.1951, S. 3.

Briefe und Postkarten von Karl Wiesinger an Hans Weigel, Wienbibliothek im Rathaus, Nachlass Hans Weigel, Archivbox 38.

[Karl Wiesinger:] Auszug aus dem Roman über den Oktoberstreik. In: Weg und Ziel 33 (1975) Nr. 11, November, S. 483-489. [Abgedruckt ist der Anfang des dritten Teils.]

Karl Wiesinger: Der rosarote Straßenterror, Ausz. In: Wespennest. Zeitschrift für brauchbare Texte (1974) H. 14, S. 55-65.

Walter Wippersberg: Ausgegrenzt, totgeschwiegen und diffamiert? Franz Kain, Karl Wiesinger und die Linzer Literaturszene in der Nachkriegszeit. In: Alfred Pittertschatscher, Erich Hackl (Hg.): Linz, Randgeschichten. Wien: Picus 2009, S. 67-115.

Zitierbar als: Desiree Hebenstreit, Stefan Maurer und Doris Neumann-Rieser: Karl Wiesinger, kk-diskurse.univie.ac.at

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