Institut für Germanistik

Joseph Wechsberg

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Joseph Wechsberg, geboren am 29.8.1907 (Mährisch-Ostrau/Ostrava), gestorben am 10.4.1983 (Wien). Wechsberg wuchs in einer großbürgerlichen jüdischen Familie auf. Ab 1925 studierte er Welthandel und Musik in Wien sowie Rechtswissenschaften in Paris und Prag. Nachdem er 1930 an der Universität Prag promoviert hatte, arbeitete er bis 1936 als Anwalt in einer Prager Kanzlei. Erste journalistische Beiträge und Erzählungen Wechsbergs erschienen in der Prager Morgenzeitung, der Vossischen Zeitung und dem Prager Tagblatt, daneben engagierte er sich als Parlamentssekretär für die Prager Jüdische Partei.

Es folgen erste Publikationen als Reiseschriftsteller, darunter Die große Mauer (1937). 1938 ging Wechsberg, im Auftrag des ›Tschechoslowakischen Export-Instituts‹ in die USA, wo er Vorträge über die kulturelle, ökonomische und politische Situation der tschechoslowakischen Republik halten sollte. Nach der Unterzeichnung des Münchner Abkommens im September 1938 fand er sich unvorbereitet im Exil wieder. 1943 wurde er zur US-Army einberufen und war im Rang eines „Technical Sergeant“ (entspricht: Feldwebel) der USAAF in der ›Psychological Warfare Division‹ tätig. Er kam als Militärkorrespondent nach Europa, wo er für die ›U.S. War Crimes Commission‹ des ›Office of Strategic Services‹ tätig war. 1944 nahm er die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Im Exil schrieb er journalistische Beiträge für ausländische Zeitungen, ab 1943 war er Mitarbeiter und Europa-Korrespondent des New Yorker, für den er zahlreiche Reportagen über zeitgeschichtliche und kulturgeschichtliche Themen verfasste.

Ab den 1940er Jahren veröffentlichte Wechsberg seine Bücher in englischer Sprache, einige davon wurden später ins Deutsche übersetzt. Neben verschiedenen zeitgeschichtlich geprägten Romanen hat er Bücher zu kulinarischen Themen, Kunst, Architektur und Musik verfasst. Die Eindrücke von der Rückkehr in seine von den Russen besetzte Heimatstadt Ostrau hat er in seinem 1946 erschienenen Buch Homecoming, dem eine Artikelserie im New Yorker vorausgegangen war, verarbeitet.

Seit 1950 lebte Wechsberg abwechselnd in Wien und Meran. 1955 erschien der Roman The self-betrayed, in dem das kommunistische System und die „Schauprozesse“ in den Satellitenstaaten der Sowjetunion kritisiert werden. Unter dem Titel Der Stalinist erschien das Buch 1970 in deutscher Übersetzung im Wiener Molden Verlag. Nach zahlreichen Reportagen aus Ländern des realen Sozialismus, die als „Letter from Prague“, „Letter from Belgrade“, „Letter from Warsaw“ oder „Letter from Budapest“ im New Yorker erschienen sind, veröffentlichte Wechsberg den Reisebericht Journey through the land of eloquent silence (Dt. Land mit zwei Gesichtern), über einen Besuch in der DDR, der 1964 sowohl auf Englisch als auch auf Deutsch erschien. 1963 verfasste er einen umfangreichen Artikel zum politischen Kabarett von Helmut Qualtinger und Carl Merz.

1969 gab er unter dem Titel The Voices eine Dokumentation über den Widerstand gegen das kommunistische Regime während des „Prager Frühlings“ heraus. 1970 erschien seine Autobiographie unter dem Titel The Vienna I knew. Memories of an European Childhood (1979; Dt. 1982 als Die Manschettenknöpfe meines Vaters). Er wurde mit dem Andreas-Gryphius-Preis (1965) sowie dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst (1976) ausgezeichnet. 

Verwendete Quellen:

Harro H. Kühnelt: Joseph Wechsberg – Stationen eines Lebens. In: Mark H. Gelber (Hg.): Von Franzos zu Canetti: jüdische Autoren aus Österreich. Tübingen: Niemeyer 1996, S. 91-106.

Joseph Wechsberg.: A Reporter at Large, Going home I. In: The New Yorker, 16.3.1946, S. 57f.

Ders.: A Reporter at Large, Going home II. In: The New Yorker, 23.3.1946, S. 48f.

Ders.: Homecoming. New York: Knopf 1946.

Ders.: Profiles. Enemy of Gemütlichkeit. In: The New Yorker, 20.4.1963, S. 53-77.

Ders.: Land mit zwei Gesichtern. Kreuz und quer durch die Zone. Berlin, Frankfurt/M., Wien: Ullstein 1964.

Zitierbar als: Desiree Hebenstreit, Stefan Maurer und Doris Neumann-Rieser: Joseph Wechsberg, kk-diskurse.univie.ac.at

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