Institut für Germanistik

Friedrich Torberg

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Friedrich Torberg (eigentlich: Friedrich Ephraim Kantor), geboren am 16.9.1908 (Wien), gestorben am 10.11.1979 (Wien). Torberg entstammte einer deutsch-jüdischen Prager Familie, wuchs in Wien auf und verfasste bereits als Jugendlicher Gedichte. 1930 feierte er mit seinem Debütroman Der Schüler Gerber hat absolviert einen großen Erfolg. In den 1930er Jahren arbeitete er am Prager Tagblatt als Wiener Kulturberichterstatter sowie als Sport- und Theaterkritiker mit und pendelte zwischen Prag und Wien. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde er in Deutschland mit einem Publikationsverbot belegt. Er bezog Position gegen den österreichischen Ständestaat, veröffentlichte in der Weltbühne Kampfartikel gegen die Nationalsozialisten und kritisierte Intellektuelle, die sich dem NS-Regime andienten.

Während des „Anschlusses“ Österreichs im März 1938 befand sich Torberg in Prag, emigrierte nach Zürich, erhielt eine Einreiseerlaubnis nach Frankreich und meldete sich zu Beginn des Zweiten Weltkriegs zur tschechoslowakischen Exilarmee in Paris. 1940 flüchtete er über Spanien und Portugal in die USA, da er vom P.E.N.-Club ein Visum als einer von „Ten Outstanding German Anti-Nazi Writers“ für Hollywood (Los Angeles) erhielt. Daraufhin ist er als Drehbuchschreiber bei den Filmproduktionsfirmen MGM und Warner Brothers tätig. 1943 erschien mit Mein ist die Rache eine Novelle über die nationalsozialistischen Konzentrationslager, 1944 übersiedelte er nach New York. 1945 nahm er die amerikanische Staatsbürgerschaft an, die er bis an sein Lebensende behielt. Torberg arbeitete beim „Office of War Information“ als Übersetzer und Informant und ab 1944 auf Vermittlung von William S. Schlamm an einer deutschen Ausgabe des Time/Life Magazine mit, die jedoch nie erschien. Er knüpfte zunehmend gute Kontakte zu US-amerikanischen Geheimdiensten (z.B. Shepard Stone, Jay Lovestone).

Torberg veröffentlichte im Verlag Bermann-Fischer die Romane Hier bin ich, mein Vater (1948) und Die zweite Begegnung (1950), die sich mit dem Verhältnis des Individuums zu den totalitären Systemen des 20. Jahrhunderts auseinandersetzen und die Grundlage für eine Rückkehr nach Europa schufen.

1951 kehrte er als „Consultant of the Officer of Public Affairs“ des ›Foreign Service, Cultural Division‹ nach Wien zurück und war für US-Besatzungsmedien tätig, u. a. beim Wiener Kurier und Radiosender ›Rot-Weiß-Rot‹. 1954 gründete er die kulturpolitische Zeitschrift Forvm. Österreichische Monatsblätter für kulturelle Freiheit, die er mit herausgab. Forvm wurde vom ›Kongress für kulturelle Freiheit‹ in Paris, einer der wirkungsmächtigsten Institutionen des Kalten Krieges subventioniert. Aufgrund Torbergs aggressivem Antikommunismus ergaben sich immer wieder Kontroversen mit der Pariser Kongresszentrale, die sogar bis zur Einstellung der Finanzierung 1961 und zu einem Verlagswechsel führte. Bis 1965 fungiert er weiterhin als Chefredakteur. Er polemisierte immer wieder gegen die ›Gruppe 47‹ sowie die sogenannten „Fellow Traveller“ und vermengte seine privaten literaturbetrieblichen Fehden, u. a. mit Hilde Spiel, Berthold Viertel, Robert Jungk oder Hans Habe oft mit den politischen Notwendigkeiten des Kalten Krieges.

Daneben war er als Theaterkritiker für verschiedene Wiener Zeitungen und Korrespondent für die Süddeutsche Zeitung tätig. Torberg gilt, neben Ernst Haeussermann und Hans Weigel, als Organisator des zwischen 1956 und 1962 erfolgten, sogenannten „Brecht-Boykotts“ mit dem Ziel, die Stücke Bertolt Brechts von österreichischen Bühnen zu verbannen und die kommunistische Propaganda einzudämmen.

Er gab eine Edition der Werke Fritz von Herzmanovsky-Orlandos heraus und übersetzte die Werke des israelischen Satirikers Ephraim Kishon. 1972 erschien mit Süßkind von Trimberg wieder ein Roman, nachdem die eigene schriftstellerische Arbeit zwischen 1950 und 1970 in den Hintergrund getreten waren. Einen späten Erfolg feiert er 1975 mit Die Tante Jolesch oder Der Untergang des Abendlandes in Anekdoten.

Torberg erhielt den Professoren-Titel (1958), war korrespondierendes Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt (1965) und wurde mit dem Preis der Stadt Wien für Publizistik (1966) sowie dem Großen Österreichischen Staatspreis für Literatur (1979) ausgezeichnet.

Verwendtet Quellen:

Marcel Atze, Marcus G. Patka (Hg.): Die „Gefahren der Vielseitigkeit“. Friedrich Torberg 1908-1979. Wien: Holzhausen 2008.

David Axmann: Friedrich Torberg. Die Biographie. München: Langen-Müller 2008.

Franz Stadler: „Wahlfeinde“ des Kalten Krieges. Friedrich Torberg kontra Robert Neumann. In: Michael Hansel, Michael Rohrwasser (Hg.): Kalter Krieg in Österreich. Literatur – Kunst – Kultur. Wien: Zsolnay 2010, S. 213-227.

Herbert Tichy: Friedrich Torberg. Ein Leben in Widersprüchen. Salzburg: O. Müller 1995. 

Zitierbar als: Desiree Hebenstreit, Stefan Maurer und Doris Neumann-Rieser: Friedrich Torberg, kk-diskurse.univie.ac.at

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