Institut für Germanistik

Johannes Mario Simmel

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Johannes Mario Simmel, geboren 7.4.1924 in Wien, gestorben 1.1.2009 in Luzern. Simmel, Sohn eines jüdischen Chemikers und Sozialdemokraten sowie einer Lektorin der Filmgesellschaft Wien-Film verbrachte seine Kindheit zum Teil in England, seine Schulzeit aber in Wien. Hier besuchte er auch die Staatslehr- und Versuchsanstalt für Chemie und arbeitete ab 1943 als Betriebsingenieur im Chemiewerk Kapsch, das als kriegswichtiger Betrieb geführt wurde, sodass er der Wehrpflicht enthoben war. Viktor Matejka schreibt später in einem Brief an Herbert Steiner vom Dokumentationsarchiv für österreichischen Widerstand, Simmel habe sich „als junger Mensch [...] als Widerstandskämpfer bewährt“ (Matejka).

Nach dem Krieg war er bis 1947 als Dolmetscher und Übersetzer für die US-Militärregierung und das CIC und als Mitarbeiter der Radiozentrale ›International Patrol‹ tätig. Ab 1948 war er als Kulturredakteur bei der französisch lizenzierten Wiener Mittagszeitung Welt am Abend beschäftigt. 1947 erschien seine erste literarische Buchpublikation, ein Band mit Erzählungen unter dem Titel Begegnung im Nebel, 1949 sein erster Roman Mich wundert, dass ich so fröhlich bin (beide bei Zsolnay, an den Simmel durch Viktor Matejka vermittelt wurde). Rasch folgten – parallel zur produktiven journalistischen Arbeit – viele weitere Romane und Kinderbücher. Animiert durch den österreichischen Schauspieler und Regisseur Willi Forst begann Simmel zudem, zahlreiche Drehbücher zu verfassen. Zwischen 1950 und 1953 verlegt er seinen Lebensmittelpunkt mehr und mehr nach München, wo er in der Folge als Drehbuchautor und Journalist für die Illustrierte Quick tätig war, die ihm Reisen, etwa nach Rio de Janeiro und Tokio, ermöglichte.

Mit dem 1959 gedruckten und durch den ersten Preis des Nationaltheaters Mannheim ausgezeichneten Drama Der Schulfreund und dem 1959 in Quick und 1960 in Buchform erschienenen Roman Es muss nicht immer Kavier sein erfolgt schließlich Simmels Durchbruch zum internationalen Bestsellerautor. Sein Roman Soldatensender Calais erscheint ebenfalls 1960, jedoch unter dem Pseudonym Michael Mohr. Nach einer Schreibpause zum Zweck der Überwindung des Alkoholismus 1961 lebt Simmel als freier Schriftsteller in verschiedenen Staaten (Deutschland, Monaco, Frankreich, Schweiz). Die hohen Auflagenzahlen und die internationale Verbreitung seiner Romane ermöglichen es dem Autor, von seiner künstlerischen Tätigkeit zu leben und den Journalismus aufzugeben.

Seine Erzählungen, Romane und Kinderbücher behandeln zeitkritische Thematiken in einer auf journalistische Arbeitstechniken gestützten, unterhaltsam zu lesenden Form; thematisch stellt das Engagement gegen den NS-Faschismus, den Krieg und die systematische Unterdrückung einzelner sozialer Gruppen einen wichtigen Schwerpunkt dar.

In der Universität Boston gibt es eine umfangreiche ›Johannes Mario Simmel Collection‹, 1985 wurde er mit dem Goldenen Ehrenzeichen der Republik Österreich ausgezeichnet.

Verwendete Quellen:

Kurt Böttcher [u.a.]: Simmel, Johannes Mario. In: Ders. (Hg.): Lexikon deutschsprachiger Schriftsteller. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. [Begr. von Günter Albrecht.] Bd. 2, 20. Jahrhundert. Hildesheim [u.a.]: Olms 1993, S. 692f.

Wolfgang R. Langenbucher (Hg.): ‚Berichte über die Zeit, in der ich lebe...’ Johannes Mario Simmel und seine Romane. Eine Dokumentation. München, Zürich: Droemer Knaur 1978.

Viktor Matejka an Herbert Steiner, Brief vom 24.3.1979, Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands, Sign.: 50126/NMa12.

Johannes Mario Simmel: Ich über mich. In: Langenbucher (Hg.): ‚Berichte über die Zeit, in der ich lebe...’, S. 27-29.

Martin Wedl: Johannes Mario Simmel. Journalist und Schriftsteller im Wien der Nachkriegszeit bis 1953. Eine Analyse. Wien: Dipl.-Arb. 2003.

Wilhelm Ziehr [u.a.] (Hg.): Schweizer Lexikon. 6 Bde. Bd. 5, Obs-Soy. Luzern: Verl. Schweizer Lexikon 1993, S. 811.

Zitierbar als: Desiree Hebenstreit, Stefan Maurer und Doris Neumann-Rieser: Johannes Mario Simmel, kk-diskurse.univie.ac.at

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