Institut für Germanistik

Carl Merz

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Carl Merz (eigentlich: Carl Czell), geboren am 30.1.1906 (Kronstadt, Siebenbürgen), gestorben am 31.10. 1979 (Wien).

Merz stammte aus einer bürgerlichen Familie, die während des Ersten Weltkriegs von Bukarest nach Wien zog. Nach dem frühen Tod der Eltern ging er 1924 wiederum nach Wien, studierte Welthandel und erlangte 1928 einen Abschluss als Diplomkaufmann. Ab 1925 bemühte er sich um die österreichische Staatsbürgerschaft. Von 1931 bis 1932 war er als Schauspieler, Regisseur und Dramaturg an Bühnen in Kassel, Hamburg, Hannover tätig, danach trat er an politisch-kulturkritischen Kabarettbühnen in Wien (›Der liebe Augustin‹, ›Literatur am Naschmarkt‹, ›ABC‹, ›Kleines Theater‹) unter dem Künstlernamen Merz auf. Nach dem „Anschluss“ Österreichs verließ Merz Wien und spielte auf Provinzbühnen. Von 1942 bis 1944 war er am Linzer Stadttheater engagiert und veröffentlichte auch während der nationalsozialistischen Herrschaft Kurzgeschichten, Erzählungen sowie Gedichte.

Nach Kriegsende scheiterte seine Mitarbeit am Innsbrucker ›Kleinen Welttheater‹ am Vorwurf, er betreibe bolschewistische Propaganda und dem Gerücht über seine KP-Mitgliedschaft. Merz war von 1945 bis 1949 Mitglied der Sozialistischen Partei. 1946 übernahm er die Leitung des wiedereröffneten Kabaretts ›Der Liebe Augustin‹ in Wien, wo er 1946 Helmut Qualtinger als Schauspieler engagierte. Nach einer Verwarnung durch die sowjetische Behörde auf Grund von kritischen Äußerungen Qualtingers mahnte Merz ihn zu größerer Vorsicht. 1949/50 hielt sich Merz in der Schweiz auf.

Nach dem durchschlagenden Erfolg mit der Schnitzler-Adaption Reigen 1951 gestaltete er ab 1952 gemeinsam mit Helmut Qualtinger, Michael Kehlmann und Gerhard Bronner das Kabarettprogramm Das Brettl vor dem Kopf sowie von 1953 bis 1955 eine Radiosendung mit demselben Titel, die im amerikanischen Besatzungssender ›Rot-Weiß-Rot‹ (RWR) ausgestrahlt wurde. Ab 1955 schrieben Merz und Qualtinger die Kolumne Blattl vorm Mund, die bis 1963 in der Tageszeitung Kurier (Graz) erschien. Ein Kabarettprogramm, das im Herbst 1956 startete, trug denselben Titel. Weitere Kabarettprogramme wie Glasl vor’m Aug’, Dachl überm Kopf und Hackl vor’m Kreuz folgten. Vor allem die darin enthaltenen Mittelstücke wie Fahrt ins Rote, Geisterbahn der Freiheit oder Gespenst auf Reisen oder der westöstliche Iwan setzten sich in satirischer Form mit dem Kommunismus auseinander. Friedrich Torberg widmete den Programmen wohlwollende Besprechungen im Forvm und (Neuen) Kurier. Hans Weigel hat selbst an Aufführungen unter der Regie von Merz mitgewirkt.

Neben den Programmen fürs Kabarett haben Merz und Qualtinger auch einige Bühnenstücke parodistisch bearbeitet. 1953 wurde bei den Wiener Festwochen ihre Nestroy-Adaption Haus der Temperamente aufgeführt. Das im Nachlass von Merz erhaltene Typoskript enthält handschriftliche Textänderungen, welche die Handlung mit Blick auf die vierfache Besatzung Österreichs aktualisieren. Die Aufführung erhielt viele positive Besprechungen, wurde zum Teil aber als leichte Unterhaltung kritisiert. Bei dem Stück Marx und Moritz. Ein west-östliches Hindernisrennen in einem Startschuß und fünf Teilstrecken, das am 31.3.1958 am ›Intimen Theater‹ Premiere hatte, wirkte neben Bronner auch Hans Weigel beim Verfassen der Couplets mit. Auch hier wurde seitens der Kritik der Fokus auf Äußerlichkeiten und Stereotypen bemängelt. Merz und Qualtinger arbeiteten bis Anfang der 1960er Jahre weiter an gemeinsamen Stücken, darunter dem 1961 fürs Fernsehen entstandenen weitgehend monologischen Bühnenwerk Der Herr Karl. Merz schrieb außerdem Programme für Musical und Fernsehen sowie Drehbücher und Romane.

Verwendete Quellen:

Sylvia Gleitsmann: Carl Merz. Univ.-Diss.: Wien 1987.

Arnold Klaffenböck, Wolfgang Kos, Ulrich N. Schulenburg, Alexandra Hönigmann (Hg.): Quasi ein Genie. Helmut Qualtinger (1928-1986). Wien: Museen der Stadt Wien 2003.

Johann Nestroy: Das Haus der Temperamente. Posse mit Gesang in zwei Akten. bearb. v. Carl Merz und Helmut Qualtinger für die Aufführung im Volkstheater bei Wiener. Festwochen 1953. [Wir danken Arnold Klaffenböck für die Überlassung einer Kopie des Typoskripts, die aus dem Nachlass von Carl Merz in der Niederösterreichischen Landesbibliothek stammt.]

Zitierbar als: Desiree Hebenstreit, Stefan Maurer und Doris Neumann-Rieser: Carl Merz, kk-diskurse.univie.ac.at

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