Institut für Germanistik

Ernst Hinterberger

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Ernst Hinterberger, geboren am 17.10.1931 (Wien), gestorben am 14.5.2012 (Wien).

Hinterberger stammte aus einer sozialdemokratischen Wiener Arbeiterfamilie. Neben seiner beruflichen Tätigkeit (u. a. als Fabrikarbeiter, Sicherheitswachbeamter und Elektriker), befasste er sich im Eigenstudium mit Literatur. In seiner Jugend war er Mitglied bei der ›Freien Deutschen Jugend‹ und der HJ.

Nachdem er 1945 kurzzeitig dem ›Kommunistischen Jugendverband‹ (KJV) beigetreten war, wurde er Mitglied bei der ›Freien Österreichischen Jugend‹ (FÖJ), einer überparteilich konzipierten, antifaschistisch orientierten Jugendorganisation, die am 16.5.1945 gegründet worden war. Nachdem auch die Jugendverbände der Parteien wieder ihre Tätigkeit aufgenommen hatten, galt die FÖJ in ihrer weiteren Entwicklung als zunehmend kommunistisch geprägt, bis 1968, nach dem „Prager Frühling“, ein offizieller Bruch mit der KPÖ erfolgte. Anfang der 1950er Jahre erfolgte Hinterbergers Abkehr von der Organisation. In seiner 2002 erschienenen Autobiographie Ein Abschied geht er auf die Kritik von ehemaligen Kollegen der FÖJ ein, die ihn mit dem Beginn seiner Ausbildung in der Polizeischule 1952 als potentiellen Verräter angesehen hatten. Hinterberger beschreibt sich in seiner Autobiografie als naiver junger Mann, der sich in der Nachkriegszeit aus opportunistischen Gründen dem Kommunismus zuwandte.

Ab den 1950er Jahren erfolgten erste literarische Veröffentlichungen, darunter Gedichte, Dramen und Volksstücke. Hinterbergers erster Roman Beweisaufnahme erschien 1965 im ›Zsolnay Verlag‹. Das Buch handelt vom österreichischen Angestellten Robert Wehofer, der aufgrund einer über ihn angelegten Spitzelakte zu einem staatlichen Verhör vorgeladen wird. Thematisiert wird Wehofers Verhalten gegenüber Juden, das Verhältnis zu den Kommunisten und sein politischer Opportunismus. Im Lauf des Verhörs wird ihm die Macht parteipolitischer Vereinnahmung bewusst. Johannes Mario Simmel gratulierte Hinterberger zu seinem ersten Roman. Hinterberger erinnert sich jedoch prinzipiell an die ablehnende Haltung des österreichischen Literaturbetriebs, er wurde als „Prolet“ stigmatisiert.

Hinterbergers Werke sind vor allem im Wiener kleinbürgerlichen Milieu angesiedelt. Er schrieb Hörspiele, Drehbücher und wurde durch die Fernsehserien Ein echter Wiener geht nicht unter und Kaisermühlen-Blues bekannt. Ab den 1980ern verfasste er mehrere Kriminalromane.

Bis 1991 war er neben seiner literarischen Tätigkeit als Expedient in der Metallwarenfabrik W.A. Richters Söhne in Wien tätig. Er war Mitglied im österreichischen P.E.N.-Club und wurde mit dem Förderungspreis der Stadt Wien (1971), dem Anton Wildgans Preis (1974), dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst (1994, 2002) sowie dem Axel Corti Preis (2010) ausgezeichnet.

Verwendete Quellen:

Daniel Castner (Hg.): Ernst Hinterberger. Zur Person. Wien: Deuticke 1993.

Ernst Hinterberger: Ein Abschied. Lebenserinnerungen. Wien: Ueberreuter 2002.

Erich Makomaski (Hg.): Die Freie Österreichische Jugend. (Ehemalige) Mitglieder erzählen ihre Geschichte. Wien: E. Makomaski 2002.

Lucia Schönleitner: Zwischen Volksaufklärung und Kommerz: zum Populärschriftsteller Ernst Hinterberger. Wien: Univ.-Dipl. 2010.

Zitierbar als: Desiree Hebenstreit, Stefan Maurer und Doris Neumann-Rieser: Ernst Hinterberger, kk-diskurse.univie.ac.at

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