Institut für Germanistik

Kurt Becsi

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Kurt Becsi, geboren am 30.5.1920 (Wien), gestorben am 10.1.1988 (Wien), wuchs in einer liberalen bürgerlichen Familie in Wien auf. In seiner Schulzeit schrieb er erste philosophische Essays. Während des Zweiten Weltkrieges wurde er zur Wehrmacht eingezogen, geriet in englische Kriegsgefangenschaft und kam im Dezember 1945 nach Wien zurück.

Die erste Aufführung eines Stückes von Becsi – Michelangelo – fand am 4.12.1940 in der Aula der Universität Wien unter der Regie von Harald Zusanek statt (vgl. Bortenschlager, S. 34). Nach dem Studium der Geschichte, Theaterwissenschaft und Philosophie promovierte er 1948 an der Universität Wien. Er arbeitet zunächst als Verlagslektor und Kulturkritiker und wurde 1951 Dramaturg am Wiener Burgtheater. Zugleich wurde er Sekretär der Österreichischen UNESCO-Kommission. Ab 1952 wurden seine Dramen an in- und ausländischen Bühnen aufgeführt.

Seine Werke sind von der Auseinandersetzung mit dem Christentum und dem Glauben an eine christliche Revolution mit Hilfe des Theaters geprägt. Er hat sich intensiv mit deutscher, russischer und indischer Philosophie beschäftigt und seine Vision von einem kosmischen Theater auch in theoretischen Schriften formuliert. Sein 1952 in Köln uraufgeführtes Drama Atom vor Christus konzipiert eine binäre Opposition zwischen Ratio, Machthunger und Skrupellosigkeit, die in Verbindung mit der Atomenergie zu einer Apokalypse führen könnten, und Emotion, Vitalismus und Weiblichkeit.

Für sein Drama Russische Ostern wurde Becsi 1957 beim Dramatikerwettbewerb der Bregenzer Festspiele ausgezeichnet. Die Uraufführung des Stückes fand 1959 im Wiener Theater ›Tribüne‹ statt; die geplante Aufführung im Burgtheater wurde aus Angst vor einer Verärgerung der Sowjetunion abgesagt (vgl. Bortenschlager, S. 88f.) Das Drama ist dem christlichen russischen Philosophen Nikolaj Berdjajew gewidmet, der 1922 aus der Sowjetunion ausgewiesen wurde. Es konstruiert eine klar wertende Opposition zwischen Religion und Fortschrittsgläubigkeit, die beide mit Russland verbunden werden, wobei die wissenschaftliche, atheistische Seite deutlich negativ gezeichnet wird. Die Handlung wird zudem geprägt von der großen „Antithese: Individuum – Kollektivität“, wie Edwin Rollett treffend bemerkt.

Zwischen 1957 und 1964 gab Becsi die Schriftenreihe Orient-Okzident der österreichischen UNESCO-Kommission heraus. In den 1960er Jahren entwickelte er seine geistige und kosmische Dramatik weiter. 1971 erschien seine kulturphilosophische Schrift Aufmarsch zur Apokalypse.

Becsi war Rat des auswärtigen Kulturdienstes, Leiter des Institutes für Dramaturgie an der Wiener Hochschule für Musik und darstellende Kunst, ab 1967 ao. Prof. und ab 1985 o. Prof.. 1955 erhielt er den Dramatikerpreis der österreichischen Liga der Vereinten Nationen, 1961 den Österreichischen Staatspreis für Literatur.

Verwendete Quellen:

Kurt Adel: Zweimal „Faust in Moskau“. Kurt Becsi zum fünfzigsten Geburtstag. In: Österreich in Geschichte und Literatur 14 (1970) H. 3, S. 123-138.

Kurt Becsi: Theater der dreifachen Revolution. In: Österreich in Geschichte und Literatur 14 (1970) H. 6, S. 294-308.

Wilhelm Bortenschlager: Kurt Becsi. Dramatiker einer neuen Weltsicht. Innsbruck: Wagner 1981.

N.N.: [Autoreninformation]. In: Kurt Becsi: Russische Ostern. Schauspiel in drei Akten. Mit einem Vorwort von Friedrich Schreyvogl. Wien München: Wedl [1958/59], S. 112.

Gerhard Lüdtke, Werner Schuder: Kürschners deutscher Literaturkalender. Berlin: de Gruyter 1988.

Edwin Rollett: Der Mensch im Kampf der Welt. „Russische Ostern“ von Kurt Becsi – Uraufführung in der „Tribüne“. In: Wiener Zeitung, 7.4.1959, S. 5.

Zitierbar als: Desiree Hebenstreit, Stefan Maurer und Doris Neumann-Rieser: Kurt Becsi, kk-diskurse.univie.ac.at

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