Institut für Germanistik

Das Projekt

Das Fehlen politischer Themen und eine programmatische Abwendung von der Zeitgeschichte werden bis heute als Charakteristika der österreichischen Literatur zwischen 1945 und den sechziger Jahren betrachtet. Die Literaturwissenschaft geht von einer „Polarisierung“ der Literatur in eine moderne, sprachexperimentelle Linie einerseits und eine formal konservative Linie andererseits aus. Diese These bestimmt den Blick zurück und hat zur Folge, dass zahlreiche Romane, Erzählungen etc., die nicht in dieses Schema passen, von der Germanistik unbeachtet geblieben sind, denn es gab in der Nachkriegsliteratur sehr wohl eine Auseinandersetzung mit politischen Themen, zumeist freilich an den Rändern des literarischen Geschehens, abseits der dominierenden Strömungen, in wenig renommierten Genres oder bei Autorinnen und Autoren, die nie in den Kanon der österreichischen Literatur Eingang gefunden haben.

Unser Projekt wirft auf der Basis dieser vergessenen Texte einen neuen Blick auf die Literatur zwischen 1945 und 1966 und richtet dabei seinen Fokus auf die für diese Epoche so zentralen Diskurse des Kalten Krieges. Impulse dazu kommen aus der Geschichtswissenschaft, wo die Beschäftigung mit dem Kalten Krieg in den letzten Jahren durch das Ende des weltweiten Systemkonflikts und die damit verbundene Öffnung zahlreicher Archive wichtige Forschungsergebnisse gebracht hat.

Die Ziele

Thematischer Fokus und methodische Ausrichtung unseres Forschungsprojekts sind allerdings der Literaturwissenschaft verpflichtet. Seine Ziele lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  1. das Nachzeichnen und die Analyse der Diskurse des Kalten Krieges in der österreichischen Literatur in ihren zentralen Redeweisen und Denkfiguren,

  2. ihre Verortung im Kontext der nationalen und internationalen Diskurse des Kalten Krieges und

  3. die Analyse der Austauschprozesse zwischen literarischen und nicht-literarischen Texten, der Zirkulation und Veränderung von spezifischen Metaphern, Allegorien, Denkfiguren des Kalten Krieges. Die literarischen Texte sollen damit auf das kulturelle Feld zurückbezogen werden, das sie hervor gebracht hat.

Die zentralen theoretischen Bezugsfelder des Projekts bilden der New Historicism sowie neuere Theorien zur Funktionsweise politischer und sozialer Metaphern. Die methodische Vorgehensweise lässt sich kurz als historisch kontextualisierte Diskursanalyse beschreiben, die sich besonders für die spezifisch literarischen Repräsentations- und Verarbeitungsstrategien der Diskurse interessiert.

Das Projekt stellt die erste systematische Studie zum Thema „Österreichische Literatur und Kalter Krieg“ dar und soll sowohl durch das Material als auch durch den Fokus der Untersuchung eine Lücke in der österreichischen Literaturgeschichtsschreibung schließen.

Projektdauer: 1. Dezember 2010 bis 31. März 2014

Partner

Amir Eshel
(Dept. of German Studies, Stanford University)

Hans Höller
(Institut für Germanistik, Universität Salzburg)

Wolfgang Mueller
(Historische Kommission der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften)

Karl Müller
(Institut für Germanistik, Universität Salzburg)

Alfred Pfoser
(Wienbibliothek im Rathaus)

Margit Reiter
(Institut für Zeitgeschichte, Universität Wien)

Michael Rohrwasser
(Institut für Germanistik, Universität Wien)

Sigurd Paul Scheichl
(Institut für Germanistik, Universität Innsbruck)

Daniela Strigl
(Institut für Germanistik, Universität Wien)

Institut für Germanistik | FWF-Projekt „Diskurse des Kalten Krieges“ (Projektnummer P 22579-G20)  | Universität Wien  | Universitätsring 1  | A-1010 Wien